Quelle Tageblatt, Montag, 22.05.2023 , 18:00 Uhr
Seit einem Jahr kontrolliert die Abfallberatung des Landkreises Stade den Biomüll in den Tonnen der Region. Haben die Kontrollen schon Wirkung gezeigt?
Zur Aufklärungsarbeit gehören stichprobenartige Kontrollen. In 17 Wohngebieten im Landkreis waren die Abfallberaterinnen unterwegs – in den Hansestädten, aber auch in kleineren Gemeinden. Wer seine Tonne falsch befüllt hat, bekommt einen Hinweiszettel. In besonders krassen Fällen bleibt die Tonne stehen und wird nicht geleert. Es gibt kaum etwas, das die Abfallberaterinnen noch nicht in den Biotonnen gefunden haben, heißt es vom Landkreis. Oft würden darin scheinbar gedankenlos Verpackungen mitentsorgt.
Besonders problematisch seien biologisch nicht abbaubare Stoffe wie Plastik, Glas oder Metall. Rechtlich gesehen verstößt die fehlerhafte Abfalltrennung gegen die Abfallbewirtschaftungssatzung. Das bedeutet: Es kann auch ein Ordnungswidrigkeitsverfahren eingeleitet werden, wovon die Abfallwirtschaft derzeit noch keinen Gebrauch macht. Positiv fiel bei der jüngsten Kontrolle im Alten Land auf, dass sich in keiner Tonne mehr Kleintierstreu befand – dies muss aus seuchenhygienischen Gründen in den Restmüll, so Landkreis-Sprecher Daniel Beneke.
Viele Bürger im Landkreis entsorgen Biobeutel in Plastiktüte
Die Verwendung von sogenannten Biobeuteln solle eingestellt werden, heißt es von der Abfallberatung. Denn die Beutel benötigen eine längere Zeit zum Verrotten in der Kompostieranlage als die Bioabfälle und müssen als Fremdstoff aussortiert und entsorgt werden. Zudem zeigen Studien, dass geringste Mengen Mikroplastik in den Kompost eingetragen werden. Deshalb formulieren die Beraterinnen den Appell, die Beutel durch Zeitungspapier oder Papiertüten zu ersetzen. Wer auch auf diese Sammelhilfen verzichtet, handelt klimafreundlich, denn es werden Ressourcen durch weniger Abfälle geschont.
Hinzu kommt, dass die Abfallberaterinnen bei den zahlreichen Vor-Ort-Kontrollen festgestellt hätten, dass die kompostierbaren Biobeuten nicht zu einem besseren Trennverhalten beim Verbraucher führen. In vielen Fällen sind die vermeintlich umweltfreundlichen Beutel mit Restabfall gefüllt und auch noch in einer Papiertüte verpackt. Ihren ursprünglichen Sinn, eine Plastiktüte zu ersetzen, sei damit laut Abfallberaterinnen vollkommen verfehlt.
Immer noch viel Papier im Biomüll
„Biotonnen sind keine Papiertonnen“, weist Abfallberaterin Sabine Kiehl auf ein Missverständnis hin, das ihr auch nach einem Jahr Aufklärungsarbeit noch immer begegnet. „Zum Einwickeln von feuchten Küchenabfällen kann zwar Zeitungspapier verwendet werden, ansonsten haben aber Zeitungspapier, Prospekte, Brötchentüten, Pappverpackungen, Taschentücher und Co. nichts in der Biotonne zu suchen.“ Ebenso wie ein „Klassiker“, der immer wieder bei der Sichtkontrolle dabei ist: das Kartoffelnetz, das ebenfalls nicht in die Biotonne gehört. Ungenießbare Kartoffeln sollten ohne Netz entsorgt werden.
Auch haben vermeintlich umweltfreundliche, kompostierbare oder biologisch abbaubare Verpackungen, wie z. B. Joghurtbecher und Co., nichts in den Biotonnen zu suchen.
Wenn der Bioabfall auch weiterhin einen so hohen Anteil an Fremdstoffen enthält, führt das langfristig zu höheren Gebühren, mahnt der Landkreis. Denn ab 2025 haben Kompostieranlagenbetreiber das Recht, auffällig verschmutzte Bioabfalllieferungen abzulehnen – und dann muss der Bioabfall als Beseitigungsabfall verbrannt werden. Das ist vielfach teurer als die Kompostierung. Damit gehe das Fehlverhalten Einzelner dann zu Lasten aller.
Tag der Biotonne ruft zu Achtsamkeit auf
Dass viele Fremdstoffe im Biomüll landen, ist kein alleiniges Problem im Landkreis Stade. Deshalb wird auch am 26. Mai zum deutschlandweitem „Tag der Biotonne“ aufgerufen. Der Aktionstag soll auch darauf aufmerksam machen, dass der Anteil der getrennt gesammelten Bioabfälle bundesweit noch deutlich steigerbar ist. Das belegt die „Veras“-Studie des Umweltbundesamtes, wonach bundesweit etwa ein Drittel der Bioabfälle weiterhin über den Restmüll entsorgt werden. Da sich Bioabfälle bei ausreichend sauberer Getrennterfassung nahezu vollständig recyceln lassen, wäre die Steigerung der getrennt gesammelten Bioabfallmengen sowie die Reduzierung der Störstoffanteile ein wichtiger Beitrag zum Umwelt- und Ressourcenschutz. Die Biotonne ist nicht nur ein Pflichtangebot für Haushalte, sondern auch für Gewerbebetriebe und andere Einrichtungen.